Bild: Julius Drost / unsplash

Piroskas Gewerbe

Piroska lebt davon, oder sollte davon leben, dass sie Teile produziert und liefert, die von der Kfz-Industrie gebraucht werden. Dafür gibt es bei Piroska einige hundert Mitarbeiter, davon 90 Prozent als „Direct Labour“. Das sind meist ungelernte Arbeiter, die von der Straße weg angeheuert werden. Nach zwei bis drei Tagen beherrschen die ihren Job: Maschinen fahren, Prüfen von Fertigteilen, Verpacken – das ist schnell gelernt. Es gibt auch anspruchsvollere Jobs, für die jemand erst nach ein oder zwei Jahren fit ist, wenn er ein Händchen dafür hat.

Die Zahl der direkten Mitarbeiter ist proportional zur Menge der hergestellten Ware. Doppelter Output braucht doppelt so viele direkte. In den USA heißen die Kollegen „Blue Collar Workers“.

Die verbleibenden 10 Prozent in Piroskas Belegschaft sind Büroarbeiter: Ingenieure, Techniker, Buchhalter und Betriebswirte. Dem wachen Leser mag auffallen, dass dieser Overhead recht niedrig ist. Das liegt daran, dass wir es nicht mit einem kompletten Unternehmen zu tun haben. Piroska könnte nicht allein am Markt existieren: Es gibt keinen Vertrieb, der Kunden und Aufträge anschafft, kein Marketing, das weiß, was der Markt will, keine Entwickler, die sich pfiffige Produkte ausdenken, und keinen Service, der dem Kunden bei seinen Fragen hilft.

All diese unternehmerisch anspruchsvollen und riskanten Aufgaben werden von der Mutterfirma in Deutschland erledigt, welche die Aufträge dann mundgerecht für Piroska serviert.

Wir haben es also nicht mit einem innovativen Start-up zu tun, in die ein paar Jahre lang Venture Capital fließt, das eines Tages entweder abgeschrieben oder, in seltenen Fällen, astronomische Rendite bringen würde. Piroska betreibt ein sehr konservatives Gewerbe mit überschaubaren Risiken und absehbaren Profiten. Sie ist eine verlängerte Werkbank, auf der eine technisch und wirtschaftlich erprobte Produktion laufen soll. Wieso schrieb man hier nach drei Jahren noch rote Zahlen?

Piroska war von einem gefährlichen Parasiten befallen, der in unseren Breiten eher selten ist und der daher lange Zeit unentdeckt blieb. Wie es mir gelang, diesen Schmarotzer zu diagnostizieren und zu neutralisieren, davon handeln die verbleibenden Seiten dieses Kapitels.

In 2007 waren Piroskas Verluste auf 4 Millionen gestiegen, bei 16 Millionen Umsatz. Das war ein tragischer neuer Rekord. Ein Drittel der Fertigung war für den Müll. Gebäude und Maschinen waren in besagten drei Jahren so heruntergewirtschaftet worden, als wären dreißig Jahre vergangen.

Nach dem Verlust der Zertifizierung durch ihre Automotive-Kunden hatten es die Manager schriftlich, dass sie unfähig waren – sofern das noch erforderlich war. Sie hatten die Zertifizierungen ja nicht nur verloren; durch ihre Lieferunfähigkeit am langen Wochenende hatten sie bewiesen, dass sie nichts anderes verdienten.

Was waren das für Männer in Piroskas jungem Leben, die sie so schlecht behandelten? War sie in falsche Hände geraten? Sie war doch unter der Verantwortung eines ortsansässigen Geschäftsführers, der im Lande über beste Kontakte verfügte.

Um sicherzugehen, hatte die Mutter ihre Tochter dann auch noch zusätzlich unter die Obhut eines zweiten Geschäftsführers gestellt, die des Grüßonkels Brunner, den Sie bereits kennen.

Aber es änderte sich nichts: Piroska rollte weiter abwärts auf der schiefen Bahn, und so entschied man sich, dem lokalen Geschäftsführer kurzfristig zu kündigen. Wie wir später sehen werden, war das kein Tag zu früh – aber ein paar Jahre zu spät. Der Mann, Tibor Novak, hatte während der vergangenen vierundzwanzig Monate seiner jungen Anvertrauten nichts Gutes angetan. Er hatte sie ausgenutzt wie ein Zuhälter.

Mein Job begann ein paar Tage nach Novaks Ausscheiden. Ich musste Piroska wieder auf die rechte Bahn bringen, bevor es zu spät war.

 

Ausschuss

Dieser Begriff ist erklärungsbedürftig. Einerseits gibt es in der Politik den einen und anderen Ausschuss, etwa für den Flughafen Berlin oder für die neue Katzensteuer. Andererseits steht der Begriff für wertlose Ware. Das ist semantischer Zufall; ein Schelm, der Böses dabei denkt. Bei uns geht es jedenfalls um die letztere Bedeutung.

Bei jeder Serienfertigung kommt ab und zu ein Teil raus, das unbrauchbar ist. So kann es passieren, dass bei VW ein Golf vom Band rollt, dessen Scheinwerfer nicht leuchten. Dieser Mangel wird entsprechend dokumentiert und beseitigt; das ist bei teuren Produkten die logische Vorgehensweise. Bei einfachen Fabri­katen lohnt sich der Aufwand oft nicht. Da gilt dann die Devise: die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen.

Es ist bestimmt eine Weile her, dass Ihnen Märchen erzählt wurden, daher zur Auffrischung der Erinnerung ein paar Fakten: Aschenbrödel war von den beiden Stiefschwestern dazu verdammt worden, eine große Schüssel Erbsen zu verlesen. Das diente jedoch nicht der Ernährungshygiene. Vielmehr sollte Aschenbrödel, die hübscheste von den dreien, davon abgehalten werden, auf den Ball ins Schloss zu kommen, wo der Prinz Brautschau hielt.

Ihre Aufgabe hätte sie die ganze Nacht lang ans Haus gebunden, wären da nicht zwei Täubchen gekommen, um ihr zu helfen. Mit der einfachen Anweisung „die guten ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen“ übernahmen die freundlichen Vögel den Job und das sympathische Mädchen konnte zum Tanz ins Schloss.

Nach einigem Hin und Her bekam Aschenbrödel übrigens ihren Prinzen, während sich die Stiefschwestern mit bösen Fußverletzungen herumschlagen mussten.

Für uns ist primär das Verhalten der Tauben interessant: Die hätten ja die Möglichkeit gehabt, nicht nur die schlechten, sondern auch die eine oder andere gute Erbse in ihr Kröpfchen zu stecken. Das wäre allerdings mit deren Arbeitsethik nicht vereinbar gewesen.

Bei Piroska hatte die Qualitätskontrolle Ähnlichkeiten mit der geschilderten Methode, aber nur bis zu einem gewissen Punkt. Die Teile kamen aus der Maschine, kühlten ab und wurden dann von einem Arbeiter auf Tauglichkeit geprüft. Die guten kamen in ein Transportgestell, die schlechten bekamen einen knallroten Aufkleber mit der Angabe des Mangels, der sie disqualifizierte. Dann wurden sie auf dem Fabrikhof gestapelt, zur Abholung durch den Entsorger.

Schon vor meiner Zeit war die extrem hohe Ausschussquote aufgefallen. Um das Problem in den Griff zu bekommen, hatte man die Anzahl der Prüfer schrittweise erhöht. Um deren Objektivität zu gewährleisten, wurden diese bei einer externen, unabhängigen QS-Firma namens Tabor angeheuert. Damit kam man auch dem Wunsch der Kunden nach neutraler Beurteilung der Produktion entgegen, denn der Hersteller wird die eigene Arbeit nicht immer objektiv bewerten.

Typischerweise kann in der Branche ein Prüfer den Output von zwei Maschinen überwachen. Hier war es eher umgekehrt: 15 Prüfer kümmerten sich um 10 Maschinen. Und der Ausschuss nahm zu. Schließlich wurden bis zu 30 Prozent der Fertigung als fehlerhaft entsorgt! Das war eine Katastrophe.

Wie konnte das sein? Normalerweise lag der Ausschuss bei der Herstellung solcher Teile unter 5 Prozent. Lief die Produktion bei Piroska wirklich so schlecht? Oder wollten die Prüfer einen besonders sorgfältigen Job machen? Erlagen sie vielleicht der Versuchung, auch mal eine gute Erbse ins Kröpfchen zu stecken – d. h. ein einwandfreies Teil auf die Halde zu werfen? Aber wieso? Bei den Täubchen hätten wir Verständnis gehabt, denn die hätten ja dann zur Abwechslung den Genuss einer leckeren frischen Erbse gehabt. Aber die Prüfer? Was hatten die zu gewinnen? Wollten die sich unentbehrlich machen?

Die enorme Menge an Ausschuss erforderte eine eigene Logistik, die in der Hand der Entsorgungsfirma Gabor lag. Zweimal täglich kamen Lkws um einen Container voller aussortierter Ware abzuholen. Das funktionierte recht gut.

Komisch; angesichts der übrigen Desorganisation bei Piroska begann ich schon Verdacht zu schöpfen, wenn einmal etwas klappte …

Es lag ein Geheimnis über Piroska. Vielleicht war ich der einzige Ahnungslose. Eines aber war sicher: Ich war nicht der Mann, der zuschauen würde, wie jeden Tag ein Drittel der Produktion auf dem Müll landete; nicht der Mann der zuschauen würde, wie man 150 Teile produzieren muss, um 100 verkaufen zu können!

Qualitätsmanagement

Bereits in den Tagen der industriellen Steinzeit gab es so etwas wie Qualitätsprüfung. Ein Mann mit ernstem Gesichtsausdruck, Clipboard in der Hand und rotem Stift in der Brusttasche seines weißen Kittels stand am Ende des Fließbandes. Ab und zu nahm er eines der ankommenden Teile zur Hand, zog die Augenbrauen hoch und warf es unter leichtem Kopfschütteln in den vorgesehenen Korb.

Seither hat das Thema Qualität eine gewaltige Entwicklung erfahren. Man erkannte, dass Fabrikationsfehler keine Laune des Schicksals waren, sondern dass man ein Fertigungsverfahren hatte, welches diese zuließ. Man musste also nur einen Produktionsprozess mit null Toleranz für Abweichungen vom gewünschten Resultat erfinden.

Man brauchte ein Verfahren, bei dem vorne Wasser, Mehl und Hefe eingefüllt wurden und hinten immer identische Brötchen herauskamen – ob der Bäckerjunge nun gut geschlafen hatte oder nicht, ob die Sonne auf das Dach der Backstube fiel oder der Schnee. Man brauchte einen „robusten“ Prozess, der unabhängig von zufälligen äußeren Einwirkungen nichts anderes produzieren konnte als das gewünschte Produkt.

Als aufmerksamer Leser werden Sie jetzt einwenden, dass das unmöglich sei. Wenn der Strom ausfällt oder wenn Maden im Mehl sind, dann kann kein Produktionsverfahren etwas dagegen tun. Willkommen in der Welt des Qualitätsmanagements. Ohne gute Lieferanten – für Strom, Mehl und all die anderen Zutaten – ist Qualität nicht machbar. Also müssen diese Komponenten auch Teil unserer Qualitätssicherung sein.

Das ist gesunder Menschenverstand, aber eine raffinierte Consulting-Industrie hat daraus eine komplizierte Angelegenheit gemacht, mit viel Papier und jeder Menge an Beratung und Schulungen. Aus Qualitätsprüfung wurden Qualitätskontrolle, Qualitätsmanagement, „Total Quality Management“, „Six Sigma“ etc. Wenn nun ein Unternehmen solch ein System bei sich installiert hat, kann es sich zertifizieren lassen. Durch unabhängige Inspektoren wird bestätigt, dass im Hause ein gewisses Niveau in puncto Qualität herrscht.

Die Industrie einigte sich auf internationale Standards wie ISO 9000 (ISO = International Organization for Standardization), die es Kunden leichter machen sollen, sich für einen Lieferanten zu entscheiden. Man braucht jetzt nicht mehr selbst im Hause des Herstellers herumzuschnüffeln, um zu sehen, ob er gut arbeitet. Man kann sich auf das Zertifikat verlassen, das von unbestech-lichen Experten verliehen worden ist.

Soweit die Theorie. Die Erfahrung zeigt, dass alle Regeln und Vorschriften dieser Welt nicht in der Lage sind, fehlende Moral zu ersetzen. So mancher Fabrikant wird versuchen, das begehrte Zertifikat zu bekommen, ohne seine nachlässige Arbeitsweise ändern zu müssen. Und so mancher unbestechliche Inspektor wird dabei das eine oder andere Auge zudrücken; immerhin ist sein Prüfling ja auch sein Kunde.

Dieser Trend blieb nicht verborgen, schon gar nicht in der Kfz-Branche. Hier ist man auf Hunderte von Zulieferern angewiesen, die alle pünktlich und in einwandfreier Qualität liefern müssen. Die Betonung liegt auf alle, nicht etwa die Mehrzahl. Eine Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied. Kein Wunder, dass Audi, BMW und Co sich nicht auf die verwässerten ISO-Prüfungen verlassen können, sondern dass man den Lieferanten persönlich unter die Lupe nimmt, so wie in der Prä-ISO-Zeit.

Wie stand es nun bei Piroska um die Zertifikate? Man hatte die Zertifizierung der Hauptkunden anlässlich deren letzter Inspektionen verloren. Natürlich gab es für VW, Audi und Co keine alternativen Anbieter, die von heute auf morgen genau dieses Teil liefern konnten, und so musste man sich mit dem unqualifizierten Lieferanten vorerst abfinden. Aber die Kunden sahen sich ab jetzt intensiv nach anderen Quellen um. Keine schöne Perspektive für Piroska!

Der eigentliche Nutzen von Qualitätsmanagement – Produktion fehlerfreier Ware statt Aussortieren der Nieten – war bei Piroska sicherlich nicht zum Tragen gekommen. Die Installation einer Überzahl kritischer Prüfer hat den Fertigungsprozess keineswegs verbessert. Was waren nun die wahren Ursachen für die hohe Rate an Ausschuss?

 

Regranulat

Welche anderen Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität hatte Herr Novak eingeführt? Ähnlich wie Herr Brunner, der es vorzog, seiner Verantwortung aus sicherer Entfernung gerecht zu werden, so hielt sich auch Herr Novak nur ungern in der Fertigung auf. In seinem Büro im Obergeschoss fühlte er sich wesentlich wohler.

Seine zentrale Strategie in Sachen Qualität war eine Fertigung ohne „Regranulat“. Das muss ich Ihnen erklären. Erinnern Sie sich an unsere Backmaschine, die stets zuverlässig leckere Brötchen auswirft? Was machen Sie nun, wenn nicht alle verkauft werden? Sicher bleiben immer ein paar im Regal liegen und vertrocknen. Wollen Sie die wegwerfen? Das wäre Verschwendung.

Sie warten, bis die richtig hart sind, stecken sie in eine Mühle und mischen die Brösel in den Teig für den nächsten Tag. Natürlich halten sie den Anteil so niedrig, dass die Qualität der Backware nicht leidet.

Vielleicht ist das Verfahren mit herrschender Bäckerethik nicht ganz vereinbar – in der Spritzgussbranche ist das durchaus akzeptiert. Man schickt die fehlerhaften Teile durch eine Mühle und mischt die gewonnenen Brösel dem Ausgangsmaterial für neue Teile bei.

Dieses Ausgangsmaterial ist Kunststoff etwa in der Form von Maiskörnern. Im Lateinischen sagt man zu einem Körnchen „granulum“, daher der Name Granulat für den Stoff. Wenn dieses Granulat dann schon einmal durch die Fertigung geschickt und anschließend wieder zu Körnchen zerkleinert wurde, dann ist es „Re“granulat.

Seine Verwendung senkt ganz offensichtlich die Materialkosten, und so setzte auch Piroska früher Regranulat in der Fertigung ein. Ausschuss zum Zermahlen war ja ausreichend vorhanden.

Herr Novak hatte nun entschieden, kein Regranulat mehr zu verwenden, vorgeblich in der Hoffnung, dass dadurch, zusammen mit intensiver Endkontrolle, die erforderliche Qualität wieder erreicht würde. Das war aber nicht der Fall. Trotzdem hielt man an der Praxis fest, deren einzige Folge höhere Materialkosten waren. Wie eigenartig.

 

Teure Dienstleister

Sie müssen sich jetzt einen neuen ungarischen Namen merken: Zabor. Sie kennen bereits Gabor, den Entsorgungsservice, und Tabor, die Agentur, bei der man all die Qualitätsprüfer angeheuert hatte. Diese Pseudonyme klingen zum Verwechseln ähnlich, und das ist so gewollt.

Zabor nun ist ein großes ungarisches Unternehmen für Leiharbeiter. Hier hatte man 250 Blue Collars angemietet, die zusammen mit 70 Festangestellten eine 320-köpfige Belegschaft bildeten. Wie früher erwähnt sind Belegschaft und Produktion in den meisten Gewerben proportional zueinander. Dabei ist der Faktor natürlich von Branche zu Branche unterschiedlich.

Die Zahlen für die Kunststoffindustrie kannte ich gut genug, um sofort zu sehen, dass man mit 200 Arbeitern auskäme. Und es wäre günstiger, die Leute fest anzustellen: Da zahlt der Unternehmer weniger und der Arbeiter bekommt mehr. Wusste mein Vorgänger das nicht? Der hatte die umgekehrte Strategie angewandt: Festangestellte entlassen und durch Leiharbeiter ersetzen. Und zwar etwa im Verhältnis von drei Leiharbeitern für zwei Entlassungen.

Das machte wenig Sinn. Leiharbeiter sind sehr hilfreich, wenn man einen temporären Personalengpass überwinden muss. Aber hier war es als langfristige Lösung gedacht. Piroskas Personalkosten sind dadurch gewaltig in die Höhe gegangen, ohne dass dafür besser qualifizierte Arbeiter ins Haus gekommen wären – im Gegenteil.

Es war eine weitere äußerst paradoxe Entscheidung meines Vorgängers.

Ganz ähnlich verhielt es sich in einer anderen Angelegenheit: Bei regelmäßiger, reibungsloser Produktion werden routinemäßig zu gleichen Zeiten Transportfahrten vom Werk zu den verschiedenen Kunden durchgeführt, auf die sich alle Beteiligten verlassen können. Gibt es Unterbrechungen oder Staus in diesem Kreislauf, dann werden Sonderfahrten notwendig, die ad hoc ein paar Teile zum Kunden bringen, der dringend darauf wartet.

Natürlich sind diese Sonderfahrten teurer als der normale Transport, aber angesichts Piroskas Produktionspannen war das schon fast die normale Beförderungsart. Damit beauftragt war der ungarische Spediteur Babor, für den Novak sich entschieden hatte. Man hatte früher mit einem deutschen Transportunternehmer gearbeitet. Auch dieser Wechsel bedeutete eine Kostensteigerung für Piroska. Aber man hatte dafür einen Ungarn mehr im Dienstleisterportfolio.

Da war aber noch ein weiterer Dienstleister im Hause, der viel Geld kostete. Der war für die Wartung der Maschinen zuständig und er kam aus Deutschland. Dem hatte man gekündigt – und durch einen Ungarn ersetzt? Falsch geraten. Man hatte von da an auf Wartung verzichtet.

Kann man das denn? Wenn wir uns die Rechnung für den letzten Kundendienst an unserem Auto durchlesen, dann stellen wir uns regelmäßig drei Fragen: Haben die das wirklich gemacht? Musste das sein? Warum so teuer? Dann gibt es da noch den Onkel, der uns erzählt, sein alter Mercedes wäre noch nie in der Werkstatt gewesen, er selbst wechselt das Öl und jetzt hat er über 300.000 auf dem Tacho – der Wagen. Wir sind versucht, Wartung als Geldschneiderei der Werkstätten zu sehen, und sparen uns den Ärger erst einmal.

Aber wie ist das bei so einer riesigen Spritzgussmaschine? Glauben Sie mir: Wartung muss sein. Da gibt es kein Nachdenken. Nicht, dass die Maschine Ihnen sonst plötzlich um die Ohren fliegen würde, sie würde aber immer weniger präzise arbeiten und als Folge davon immer mehr Ausschuss produzieren.

Der aufmerksame Leser wird an dieser Stelle ein Aha-Gefühl nicht unterdrücken können. Der viele Ausschuss war also nicht nur durch die vielen Prüfer verursacht. Die Maschinen hatten im Laufe der wartungslosen Monate an Genauigkeit eingebüßt und diesen Makel dann an die Teile weitergegeben.

 


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