In Sachen Corona und Klimawandel konfrontiert man uns immer wieder mit „Computermodellen“. Kann man diesen Berechnungen vertrauen? Auf keinen Fall blind, denn auch hier gilt der erste Hauptsatz der Infor­matik: „garbage in – garbage out“. Lassen Sie uns drei solcher Fälle betrachten.


Ein ganz süßes Video

Sicherlich haben Sie schon einmal, liebe Leserin, ein ganz süßes Video mit ein paar Freundinnen geteilt, und Sie lieber Leser haben den Clip eines attraktiven Models an Ihre Kumpels verschickt. Da kann man dann fragen, wie sich solche kleinen Geschenke über die Menschheit ausbreiten, wenn jeder der Bescherten genau so weitermacht.

Dazu treffen wir ein paar Annahmen über die Wirklichkeit. Wir gehen davon aus, dass jeder den Clip mit 10 Freund/innen teilt, und dass der Empfänger es dann ebenso macht; und so weiter. Wie viele haben den Clip nach 10 Tagen? Nach dem ersten Tag sind es Sie plus 10 Freunde, macht 11. Nach dem zweiten Tag sind es Sie, Ihre 10 Freunde plus deren jeweils 10 Freunde, also 1 plus 10 plus 100, macht 111.

Nach 10 Tagen wird daraus eine Zahl aus elf Einsen; das sind im Klartext 11 Milliarden.

 

Modelle sind eigenwillig

Wir haben also versucht, die Wirklichkeit durch Mathematik abzubilden. Dazu haben wir angenommen, dass der Zuwachs an neuen Betrachtern des Videos proportional ist zur Zahl der existierenden. So etwas wird durch eine „Exponentialfunktion“ beschrieben, weil man den Zuwachs als 10 hoch n schreiben könnte, wobei n, die Anzahl der Tage, als „Exponent“ bezeichnet wird.

Dieses simple Computermodell zeigt uns etwas Interessantes:

Es gibt da Annahmen, die das Endresultat extrem beeinflussen: Wir gehen davon aus, dass unsere Freunde und Freundesfreunde täglich teilen. Würden sie aber nur am Wochenende teilen, dann hätten wir nach 10 Tagen nur gut hundert Bescherte, nicht elf Milliarden! Das ist ein Unterschied.

Wir haben behauptet, dass jeder 10-mal teilt. Bei 5 „Shares“, so wie es uns WhatsApp maximal zugesteht, wären wir bei rund 10 Millionen gelandet. Auch noch eine große Zahl, aber immerhin nur ein Tausendstel der vorherigen.

Die Zeitspanne – täglich oder nur am Sonntag – und die Zahl der Shares sind die „Parameter“ unseres Modells, und wenn wir die nicht genau kennen, dann wird das Resultat nicht nur falsch, es kann grotesk unsinnig werden.

 

Die innere Logik

Aber nicht nur die Parameter des Modells müssen stimmen, auch die innere Logik des Vorgangs muss durch die Mathematik richtig abgebildet sein. Wir müssen bedenken, dass über kurz oder lang die einen oder anderen antworten: „Ja, super Clip, kannt´ ich aber schon.“ Die dürfen wir dann nicht mehr zählen.

In unserem Modell hatten wir das nicht berücksichtigt. Es waren also die Parameter unsicher und die Logik falsch. Als Folge davon war das Resultat unbrauchbar.

Sie sagen, das sei trivial? Dann sagen Sie das bitte auch Herrn Neil Ferguson, Professor am Imperial College London, und seinen deutschen Kollegen, die mit ihren fürchterlichen mathematischen Modellen in Sachen Corona berühmt und berüchtigt wurden. Vermutlich lagen auch deren Annahmen zur intrinsischen Logik der Epidemie daneben, oder die Parameter waren ungenau, oder beides. Vielleicht haben auch sie „täglich“ angenommen, wenn „wöchentlich“ richtig gewesen wäre. Und heraus kam ein abstruses Ergebnis.

 

Eine Maschine voller Schräubchen

Keine Sorge, wir werden jetzt nicht das einzig richtige Computermodell zur Ausbreitung einer Pandemie entwickeln, wir wollten nur aufzeigen, wie leicht so ein Modell uns total in die Irre führen kann.

Noch komplizierter ist vermutlich der Mechanismus unseres Klimas. Da gibt es neben CO2 so viele andere Einflussfaktoren, welche alle in unserem Modell auftauchen müssen und deren relativer Einfluss durch die jeweiligen „Parameter“ abgebildet wird. Da sind das stratosphärische Ozon, der Wasserdampf durch CH4, der Albedo-Effekt durch Wolken, die langlebigen Kondensstreifen und noch einige andere Kandidaten, die alle in die Energiebilanz des Planeten eingreifen.

Ein mathematisches Modell dafür wird eine recht komplizierte Maschine, an der viele Schrauben sind – die Parameter –, an denen wir so lange drehen, bis die Maschine das tut, was wir möchten.

 

Wunschdenken

Hört sich alles logisch an, wir werden aber sehen, dass das Drehen an den Schräubchen, welche die Wirklichkeit abbilden, vertrackt ist. Drehen wir die eine vor, dann muss die andere zurückgedreht werden etc. Und je mehr Schräubchen an der Maschine, desto willkürlicher kann man sie einstellen, um ein gewünschtes Ergebnis zu bekommen.

In der Wissenschaft unterscheidet man experimentelle und theoretische Physik. Erstere beschäftigt sich damit, im Labor gemessene Daten den Gleichungen gegenüberzustellen, die von Theoretikern ersonnen wurden. Mathematische Modelle sind hier das alltägliche Werkzeug. Man malt eine Kurve mit den Messwerten und vergleicht sie mit der Kurve der theoretischen Berechnungen. Dann „schraubt“ man an den Parametern, bis die beiden Kurven möglichst gleich sind.

 

Ein Elefant mit vier Schrauben

Enrico Fermi, der vermutlich größte Experimentalphysiker aller Zeiten, erklärte seinen Studenten, dass Modelle nur ganz wenige Stellschrauben haben dürfen. Er verbildlichte das mit den Worten: „Gib mir ein Modell mit drei Schrauben, und ich zeichne dir eine Kurve, die aussieht wie ein Elefant; und mit vier Schrauben wedelt der mit dem Schwanz.“

Willkommen in der Welt der Klimaforscher, die mit megakomplexen Modellen und riesigen Computern so lange an den Schräubchen drehen, bis das rauskommt, was Politik und Geldgeber wünschen. Da wedelt der Elefant dann nicht nur mit dem Schwanz, sondern der Schwanz mit dem Elefanten, falls das gewünscht wird.

Das ganze Modellieren funktioniert also nur, wenn der Wissenschaftler unvoreingenommen ist, denn Wissenschaft ist eine Funktion der absichts­losen Wahrheit. Diese Neutralität aber ist dank der Einmischung von Politik in die Wissenschaft verloren gegangen; Corona und Klima sind nur die zwei auffallendsten Beispiele dafür.

 

Computermodell der Macht

Und nun zu einem Phänomen, zu dem wir mehr als genug Erfahrung haben, um ein zuverlässiges Computermodell zu bauen: Es ist das Phäno­men der Macht. Hier sind Parameter und intrinsische Logik gut bekannt, und die Dynamik wird präzise durch die eingangs erwähnte Exponentialfunktion beschrieben.

Die Geschichte zeigt, dass je mächtiger eine Person ist, desto größer wird ihr Verlangen nach noch mehr Macht. Und da Macht nicht vergeben wird, sondern genommen, so hat der Mächtige eine sehr gute Position: Er kann sich ja nehmen, was er will.

Betrachten Sie herausragende historische Figuren und Sie werden sehen, wie sich deren Macht alle drei oder fünf Jahre „verdoppelt“ hat. Dieses grenzenlose Wachstum konnte dann nur durch eine Katastrophe gestoppt werden – wie etwa Waterloo.

Deshalb muss das exponentielle Wachstum der Macht, wenn schon unvermeidlich, so doch zeitlich begrenzt werden; etwa auf zwei Amts­perioden. Diese Randbedingung, ein wesentlicher Bestandteil der Politik der USA, hat dafür gesorgt, dass es dort seit 1776 nie zu einem „Meltdown“ der Demokratie kam. Niemals konnte ein machtbesessener Präsident so willkürlich in das Schicksal von Millionen eingreifen, wie das im Europa der vergangenen 250 Jahre die Regel war.

 

Ein Gedankenexperiment

Aber nicht nur in der Geschichte, auch in der Gegenwart gibt es Fälle von grenzenloser Macht. Erdogan, Putin, Zuckerberg sind Namen, die uns da sofort einfallen; ja, und in Deutschland regiert die „mächtigste Frau der Welt“. In 15 Jahren hat ihre Macht exponentiell zugenommen und im Februar 2020, mit dem Absetzen des gewählten Thüringer Minister­präsidenten, eine Höchstmarke erreicht.

Lassen Sie uns in einem Gedankenexperiment – Gedanken sind bekannt­lich frei – ein mathematisches Modell für die politische Zukunft Deutsch­lands entwerfen. Die Exponentialfunktion lässt ja ein noch stärkeres Anwachsen von Merkels Macht für die nächsten Jahre erwarten. Was wird geschehen?

Sie wird keine Welle der Beliebtheit verstreichen lassen, ohne daraus Kapital zu schlagen. Ihr aktuelles „Corona High“ wird sie nutzen, indem sie vor Ende 2020 Neuwahlen organisiert – mit ihr selbst als einziger Kandidatin. Eine schwarz/rot/rote oder schwarz/rot/grüne Koalition bringt es dann auf eine 2/3-Mehrheit.

 

Eine neue Fahne

Es wird neue Ministerien geben, reichlich besetzt mit Expertinnen sozialistischer Prägung: Eines für Faktensicherung, ein anderes für Demo­kratie, mit angehängten „NGOs“. Regierungskritischen Zeitungen und Blogs wird das Leben durch bürokratische Schikanen unmöglich gemacht. Der Bundestag bleibt zwar noch bestehen, zur Arbeitsplatzbeschaffung für hilfreiche Persönlichkeiten, hat aber keine Funktion mehr.

Ohne parlamentarische Opposition, ohne kritische Medien kann endlich praktiziert werden, was lange angestrebt war: Es wird durchregiert. Die Verfassung wird nur respektiert, falls sie der großen Transformation nicht im Wege steht, ansonsten wird sie angepasst. Die Demokratie in Deutsch­land hat damit den „Tipping Point“ überwunden und es geht vorwärts – und abwärts – in die sozialistische Vergangenheit. Die neuen strate­gischen Partner werden Türkei, Iran und Russland sein; Polen, England und USA bleiben Feindstaaten. Und die verhasste schwarz-rot-goldene Fahne wird endlich ersetzt durch ein Banner mit sozialistisch-ökologischen Symbolen.

Soweit also ein mathematisches Gedankenexperiment in Sachen Expo­nentialfunktion. Es hat keinen Bezug zur Realität, denn Frau Merkel hat ihr Ausscheiden aus der Politik bereits angekündigt, und nur ein Schelm würde an ihren Worten zweifeln.


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Prof. Dr.-Ing. Jörn Puscher
2 years ago

So ein schöner Artikel für den Dezember 2020…von der Zeit leider überholt!