published 27.04.2024

Bild: dreamstime

 

Warum nehmen wir die Windgeneratoren mit ihrem Flatterstrom eigentlich nicht vom Netz und laden damit die derzeit so unbeliebten E- Autos auf? Das wäre mal eine echte Win-Win Situation. Nicht möglich sagen Sie? Lesen Sie weiter


Ein Regal voller Strom

Nehmen wir eine handelsübliche Windmühle, auf deren Typenschild 2 Megawatt steht. Das heißt auf Deutsch, dass sie im Durchschnitt pro Tag um die

2 MW × 24 h × 20%  =  9,6 MWh oder 9600 KWh

liefert. Die 20% stehen für den Zeitraum, an dem vernünftiger Wind weht. Betrachten wir jetzt ein generisches Elektroauto, dessen Batterie 48 kWh fasst, dann könnte die Windturbine täglich 9600 / 48 = 200 Stück davon betanken – oder mehr, sofern die nicht alle total leer waren. Das wäre doch etwas: Je Windmühle eine „Tankstelle“.

Und wie sähe die Rechnung für das ganze Land aus? Da werden derzeit pro Jahr ca. 40 Milliarden Liter Benzin in die Ottomotoren unserer Autos gepumpt, und die erzeugen pro Liter 2,5 kWh mechanischer Leistung. Insgesamt ist also der jährliche Leistungsbedarf unserer Autos  40 Mrd. × 2,5 kWh = 100 Terawattstunden (TWh). Und was liefern unsere Windkraftanlagen? „Onshore“ wurden in Deutschland im Jahre 2023 etwa 120 TWh erzeugt. Das käme also hin!

 

Nicht mit meiner Batterie

Aber wie soll das gehen, wenn Sie ihren elektrischen Liebling auftanken möchten und es herrscht Windstille? Und hier kommt der Trick: Der Windmüller hat da ein ganzes Regal voller Batterien herumstehen, die gerade mit Flatterstrom geladen werden, und ein anderes mit solchen, die bereits voll sind; und die warten nur darauf, auf die Reise zu gehen. So ein frisch geladenes Exemplar wird jetzt in Ihr Fahrzeug eingebaut, und die leere Batterie bleibt beim Windmüller. Vielleicht protestieren sie jetzt: Aber das ist doch MEINE Batterie, die habe ich gehegt und gepflegt und die gebe ich nicht her, auch nicht wenn sie leer ist.

Tatsache ist aber, dass Ihnen die Batterie nie gehört hat, sondern dass sie beim Kauf des Fahrzeugs als Leihgabe mit dabei war. Die kommt jetzt beim Windmüller an die Steckdose und wird demnächst mit jemand anderem auf die Reise gehen.

 

Das geht doch nicht

Jetzt höre ich ganz deutlich Ihren Einwand: die e-Autos haben doch alle ganz verschiedene Batterien, wie soll das gehen? Gut, die Batterien müssten normiert werden; ein Alltagswagen hätte dann vielleicht eine 48 kWh Standard Batterie an Bord, und die schwere Limousine zwei Stück davon. Dass das kein Problem ist, das sieht man bei den Spielzeugautos unserer lieben Kleinen; da hat das rosa Cabrio des Töchterchens zwei AA Zellen an Bord, und der „Humvee“ ihres Bruders fährt mit  vier oder sechs, je nach Bewaffnung.

Aber trotzdem wollen Sie ja nicht den halben Tag warten, bis das Teil aus – und eingebaut ist! Der Austausch dauert doch etwas länger als bei den AA Zellen der Spielzeugautos! Ja, etwas länger schon, aber nicht viel. Ein freundlicher Roboter erledigt das in der „Swap Station“ in fünf Minuten. Schauen Sie sich das hier an und staunen Sie.

Der Ingenieur wird jetzt einwenden, dass die Batterien der e-Autos nicht einfach mit einem Schnappverschluss eingeklickt und mit einer Lüsterklemme angeschlossen werden. Diese Batterien müssen dem Chassis ganz wesentliche mechanische Stabilität verleihen. Aber ich sagen Ihnen: wenn ein Ingenieur heute ein Problem erkennt, dann kommt er morgen mit einer Lösung. Bei den Reifen hat das ja auch geklappt, und die müssen auch was aushalten.

 

Zu viele Vorteile

Diese Lösung hätte sehr viele Vorteile:

  • Die vielen Windmühlen, die das Netz durch Flatterstrom instabil machen, und die als Backup zusätzlich konventionelle Kraftwerke erfordern, hätten endlich eine nützliche Verwendung.
  • Es wird kaum mehr überschüssigen Strom geben, der ins Ausland verklappt werden muss, da man das System insgesamt so auslegen kann, dass zu jedem Zeitpunkt ein gewisser Anteil der Batterien aufgeladen werden muss.
  • Der Aufbau ist dezentral. Einer oder ein paar Windgeneratoren versorgen eine „Swap Station“ direkt mit Strom. Das macht einige der heute für die Einspeisung ins Netz erforderlichen Transformatoren und Leitungen überflüssig.
  • Es gibt keine Notwendigkeit für das von den Batterien so gefürchtete Schnellladen.
  • Die lange Wartezeit für das Aufladen entfällt als Argument gegen den Kauf eines E-Autos.
  • Der Wiederverkaufswert von E-Autos bleibt erhalten, da der Zustand der Batterie für den Käufer kein Risiko darstellt. Beim nächsten Tanken bekommt er ja sowieso eine andere.

Wird man diesen Weg in Deutschland verfolgen? Vermutlich hätte diese Sache zu viele Vorteile für die Bevölkerung und wird deswegen abgelehnt – so wie die Kernkraft. Man wird unsere Autos lieber mit Kraftstoff aus Feuerland betreiben, wo Strom in Wasserstoff, dann mit Co2 verbunden in Methanol verwandelt und um die halbe Welt zu uns transportiert wird.


UND HIER EIN FREUNDLICHER GESCHENK-TIPP

4.6 9 votes
Article Rating

Share via Email Share via Email

Subscribe
Notify of

10 Comments
Inline Feedbacks
View all comments
Gustl Grillenberger
6 days ago

Fortschritt definierte sich in der Technikgeschichte stets darin kompakter zu werden- will heißen Leistungs-und Energiedichte zu steigern. So kam der Weg vom Holzfeuer zum Atommeiler, von der Dampfmaschine zum (aufgeladenen) Dieselmotor, vom hausgroßen Rechner mit Röhren zum Computer …In der grünen Wende ist es umgekehrt-Technikumsetzung verbraucht plötzlich Zusatz-Fläche, um die sich… Read more »

Karl-Georg Lempenheimer
6 days ago

Fortschritt definiert sich über den Gebrauchswert in allen relevanten Aspekten. Kompaktheit ist nur ein (oft nicht unwichtiger) Teil von mehreren. In der Wirtschaft/Industrie legt man zur Entscheidungsfindung idealerweise einen Katalog mit Kriterien an und wichtet sie unter Berücksichigung von Für und Wider, wobei auch Verfügbarkeiten eine Rolle spielen und natürlich… Read more »

Gustl Grillenberger
6 days ago

Lasten-/Pflichtenheftkriterien sind bekannte Dinge-klar. Nur wird man das Rad der Kompaktheit und Minaturisierung (Chipsproduktion, Knackpunkt Wärmeabfuhr u.v.m.) und Intensivierung der Fläche (Kunstdüngerproduktion) nicht (human) zurückdrehen können. Die Verkleinerung trifft mittlerweile sogar Häuser (“Tiny house” Trend u.m.). Kleinere Autos werden dabei das letzte in der Kette sein – solange Sie Autos… Read more »

Karl-Georg Lempenheimer
6 days ago

Ich gehe davon aus, dass der Artikel ein grober Anriss eines Prinzips sein soll und keine bis ins Detail durchdachte Lösung, wo man noch auf KO-Kriterien stoßen kann. Das ist in dieser Form natürlich legitim. Die prinzipielle Machbarkeit, ohne auf exorbitante und damit an den einzelnen, beteiligten Orten des Geschehens… Read more »

Karl-Georg Lempenheimer
6 days ago

… Fortsetzung Die Vorteile eines schnellen Batteriewechsels liegen auf der Hand. Sie machen das Elektroauto im Vergleich überhaupt erst gebrauchswertig. Eine neue Technik darf kein Rückschritt sein. Aber wenn es kein Rückschritt bleibt, dann zählen auch die Vorteile, die ein Verbrenner nicht hat: Anspruchslosere Technik, angenehme Laufruhe, keine Abgase. Am… Read more »

Thomas
10 days ago

Und woher nehmen wir die Vielzahl an Batterien, die an den Windmühlen zum Wechsel bereitstehen müssten? Oder werden dort nur lokal Ansässige versorgt? Wer ersetzt defekte Batterien? Deutschland hat etwa 50 Mios zugelassene Pkw. Wieviele Wechselstationen benötigen wir (mit wievielen Wechseleinheiten pro Station?)? Wo bauen wir diese Wechselstationen? Denke da… Read more »

Karl-Georg Lemprenheimer
7 days ago
Reply to  Thomas

@ « Und woher nehmen wir die Vielzahl an Batterien, die an den Windmühlen zum Wechsel bereitstehen müssten? » Von Unternehmen, die sie produzieren. Es wird mindestens die doppelte Zahl an Batterien plus einer Reserve gebraucht wie die Zahl der in Autos vorhandenen Batterien. @ « Wer ersetzt defekte Batterien? » Für schuldhaft verursachte… Read more »

Gustl Grillenberger
7 days ago
Reply to  Thomas

Mit der Vielzahl (=Raumbedarf) haben Sie absolut Recht,Thomas. Wenn man die Energiedichte von Brennstoffen und ihre Anpassung an beliebige Gefäßformen verläßt, dann braucht man richtig Platz! Demnach wäre das Äquivalent von 40.000.000.000 l Ottokraftstoff (HHR) auf 14.000 Tankstellen über 365 Tage (+Puffer) zu verteilen. d.h. im Mittel 8.000 l Benzin… Read more »

Peter Lambrecht
10 days ago

Im Jahr 2009 hatte die amerikanisch-israelische Firma “Better Place” die gleiche Idee. Sie ist aber letztlich mit ihrem Geschäftsmodell gescheitert (Better Place – Wikipedia). Die Gründe für das Scheitern waren das mangelnde Interesse der Automobilindustrie und die Tatsache, dass pro E-Auto mehr als eine Batterie benötigt werden. Die Batterie ist… Read more »

Gustl Grillenberger
11 days ago

Die Idee hätte Charme, wäre sogar Jahrhunderte bewährt ! (z.B. Pferdekutsche – Poststationen mit Auswechseln/Erholung der Zugpferde.) Die wenigsten Leute nehmen zum E-Mobil-Laden ihre PV-Zellen in die Arbeit mit oder arbeiten als Nachtwächter, so dass wirtschaftliches Aufladen untertags zuhause funktioniert. Der Sektor Verkehr wäre methodisch im Kasten. Grün will aber… Read more »