published 28.09.2024
Bild: Alex Fleming
Deutschland will sich als gr0ßzügiger Geber an einem 22 Mrd. Hilfsprogramm für den Umbau des Stromnetzes in Südafrika beteiligen. Diese Restrukturierung soll einerseits die intensive Nutzung von Wind- und Solarenergie ermöglichen, und anderseits die Versorgung insgesamt stabilisieren. Wäre das eine sinnvolle Investition?
Afrikanische Verhältnisse
Das Land Südafrika hat Kraftwerke mit einer Gesamtleistung von 48 Gigawatt installiert. 85% der Anlagen verbrennen Kohle, der Rest verteilt sich auf Wasserkraft, Kernkraft und alternative Quellen. Der durchschnittliche Gesamtverbrauch des Landes liegt bei 30 GW, wobei mehr als die Hälfte des Stroms in die Industrie fließt.
Die installierte Kapazität liegt offensichtlich deutlich über dem Verbrauch. Wieso kann es da zu Engpässen kommen, zu den notorischen Stromabschaltungen – genannt „Load Shedding“? Bis Anfang des Jahres gab es ein oder zweimal pro Tag für zwei Stunden keinen Strom. Das wurde zwar genau kommuniziert, und als Schreibtischmensch konnte man sich mit Inverter und Lithium Batterie behelfen, für jegliches Gewerbe aber war es eine Katastrophe.
Ursache für die Versorgungsprobleme war eine sogar für afrikanische Verhältnisse übertriebene Form der Korruption im staatlichen Energieunternehmen Eskom. Man vernachlässigte die Infrastruktur, Rückstellungen für die Wartung der Kraftwerke verschwanden in dunklen Kanälen und man ließ die Anlagen laufen, bis sie zusammenbrachen. Führungspositionen wurden nicht nach Kompetenz, sondern nach Hautfarbe und Zugehörigkeit zur Partei vergeben, und das war der ANC, der African National Congress.
Der wurde nun von der Bevölkerung zunehmend für die Strom-Misere verantwortlich gemacht. Das war in Anbetracht der nationalen Wahlen am 14. Juni sehr ungünstig für die Partei, und man vollbrachte das Wunder einer seit Anfang April unterbrechungsfreien Versorgung.
Der ANC verlor dennoch seine absolute Mehrheit.
Der Segen von Glasgow
Im November 2021 fand in Glasgow die Welt-Klimakonferenz COP26 statt, organisiert von der United Nations Framework Convention on Climate Change, UNFCCC. Dort wurde die „Just Energy Transition Partnership (JETP)“geboren, eine Vision der Verwirklichung des weltweiten Übergangs zu einer sauberen und umweltfreundlichen Energiezukunft mit “Netto-Null” bis 2050.
Den ärmeren Ländern, wie etwa Südafrika, würde dabei von den wohlhabenden Ländern geholfen. Konkret wurde Südafrika eine Unterstützung von 8,5 Mrd. Dollar zugesagt, unter anderem auf Kosten Deutschlands – es war so zu sagen ein Abschiedsgeschenk von Angela Merkel, die am 8. Dezember 21 das Kanzleramt räumte. Die JETP sollte nebenher auch noch „neue, spannende Arbeitsplätze in Südafrika schaffen und die Erhaltung von Umwelt und Artenvielfalt sicherstellen“.
In den knapp drei Jahren seither hat sich die besagte Summe von 8,5 auf 22 Mrd. erhöht, die nun notwendig seinen, um die gewünschte Energiewende zu vollziehen. Wie weit ist die Vision inzwischen verwirklicht? Offensichtlich gibt es Fortschritte: am 5.12.2023 hat die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) im Auftrag des BMZ dem Finanzministerium Südafrikas einen Kredit in Höhe von 500 Mio. Euro zugesagt. Und kürzlich hatte die südafrikanische Regierung hohen Besuch, und zwar von Herrn Rainer Baake, Direktor der Stiftung Klimaneutralität, ehrenamtlicher Sonderbeauftragter der Bundesregierung für die JETP mit Südafrika, vormals Direktor der “Agora Energiewende”, sowie von Herrn Jochen Flasbarth, ehemaliger NABU-Präsident, und von Frau Jennifer Morgan, Amerikanerin, von 2016 bis 2022 CEO bei Greenpeace International. Diese drei Persönlichkeiten sind nebenher noch Staatssekretäre im Habeck-Ministerium.
Von der Ergebnissen der Verhandlungen in Pretorias sollten wir demnächst hören. Würde eine Finanzspritze von 22 Milliarden aber die Probleme lösen und die JETP-Vision in Südafrika verwirklichen?
Fahrstühle hängen am Sonnenschein
Aus technisch-wirtschaftlicher Sicht könnte man sich keinen weniger geeigneten Kandidaten für JETP vorstellen als Südafrika. Mit aktuell 85% Strom aus Kohle und einem globalen Anteil von 1,5% an CO2 Emissionen wäre die Umstellung auf Erneuerbare für das Klima unerheblich, für das Land aber fatal.
Was die südafrikanische Wirtschaft am Laufen hält ist nicht zuletzt der Export von edlen Steinen und Metallen, die aus großen Tiefen ans Tageslicht gefördert werden müssen. Die liegen bis zu 4 Kilometer tief unter der Erde und da herrschen 66°C, falls nicht gekühlt wird. Sollen die Fahrstühle allen Ernstes mit Wind betrieben werden? Und die Pumpen für Atemluft? Vielleicht sollten sich die zuständigen Minister und Ministerinnen da unten mal einen Lokaltermin gönnen und sich vorstellen, es herrsche gerade Dunkelflaute.
Wir brauchen nicht zu phantasieren, denn wir haben ja Erfahrung in Sachen Umstellung auf erneuerbare Energien. Wird die Versorgung dadurch stabiler? Wohl kaum. Bei uns kommt der Strom morgens von der Braunkohle, mittags von der Photovoltaik und abends aus dem Ausland. Und der Wind hält sich meist vornehm zurück. Das hört sich nicht nach Stabilität an. Und in Südafrika gibt es, anders als in Deutschland, keine Nachbarländer, die auf Zuruf helfen könnten. Ja, es gibt da eine Stromleitung aus Mosambik, vom Cahora Bassa-Staudamm, aber auf die sollte man sich nicht verlassen, da hängt man zu sehr von den Launen des Sambesi ab.
Was wird passieren?
Was wir in Deutschland auch gelernt haben: der „erneuerbare“ Strom wird teurer, und zwar in einem Ausmaß, der die Haushalte schmerzhaft belastet und energiehungrige Industrie zur Emigration zwingt. Südafrika ist ein armes Land, in dem 30% der Bevölkerung in extremer Armut leben. Auch deren Überleben hängt vom Erfolg der Wirtschaft ab, und die ist ihrerseits von niedrigen Stromkosten abhängig, um international konkurrenzfähig zu sein. Hätte Südafrika heute die Stromkosten Deutschlands, man hätte landesweite Plünderungen und brennende Slums. JETP wäre kein Segen, sondern eine Katastrophe für das Land.
Lassen Sie mich phantasieren was nun eirklich passieren wird: eine politisch gut vernetzte deutsche Firma mit Erfahrung in alternativen Energien übernimmt die Leitung dieses Projektes. Sie gründet in Südafrika ein Unternehmen mit afrikanischem CEO, der seinerseits politisch gut vernetzt ist. Da entsteht dann ein Windpark in der Karoo-Halbwüste von einem halben Gigawatt Nennleistung. An einem schönen, windigen Sommertag gibt es dann einen Fototermin unter den rotierenden Flügeln mit den tüchtigen Politikern und Unternehmern, und auch Politikerinnen und Unternehmerinnen werden da nicht fehlen.
Für die vielen Milliarden aber haben sich problemlos Abnehmer gefunden und die Werften auf Antigua freuen sich über einen neuen Aufträge für Luxusyachten und der Umsatz bei Lamborghini steigt sprunghaft. Unsere Außenministerin hatte der südafrikanischen Regierung ja vor einiger Zeit „A Bacon of Hope“ versprochen, einen Schinken vom dem sich die Mächtigen dann eine dicke Scheibe abschneiden können.
Den Menschen im Lande würde nicht geholfen, aber das war ja auch nie die Absicht.
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