published 31.07.2021

Bild: Markus Spiske / Unsplash

Falls Sie für die diesjährigen Wagner-Festspiele von Bayreuth keine Karten mehr bekommen haben, oder weil Sie vielleicht vermeiden wollten, dort der leibhaftigen Kanzlerin zu begegnen, so habe ich ein Ersatzprogramm für Sie.  Es handelt sich um eine Geschichte voller Dramatik, Intrige, Liebe und Erleuchtung.


Der ABC-Club

Hier in Südafrika, noch dazu in der Gegend um Kapstadt, kommt der Verbraucher zwangsläufig mit einem wichtigen Produkt der Region in Kontakt: Wein, den Francois Villion 1671 mit einer Handvoll Hugenotten aus Frankreich hier her brachte.

Das ist jetzt 350 Jahre her; aber in selbstloser Verehrung dieser Pioniertat wird dem Produkt auch heute noch ein hoher Stellenwert im täglichen Leben eingeräumt. So ist fast jedermann ein mehr oder weniger kompetenten Weinkenner.

Da gibt es nun den ABC-Club, eine informelle Gruppierung von Menschen, die nichts gegen Wein haben, aber nach dem Motto leben: „Anything but Chardonnay“  – das ist dieser trockene Weißwein aus Burgund. Wenn Sie einen ABC Kandidaten fragen „Weiß oder Rot?“, dann wird der antworten: „Weiß bitte, aber keinen Chardonnay!“ Er wird das mit Stolz und Bestimmtheit sagen, als wäre es ein Verdienst diesen Wein nicht zu mögen.

Warum erzähle ich Ihnen das? Weil ich den Verdacht habe, dass Sie zum ABO Club gehören – „Anything but Opera“. Sie lieben Musik, verstehen etwas davon, aber gerade deshalb lehnen Sie Oper mit der gleichen Bestimmtheit ab, wie der ABC Kandidat den Chardonnay.

Nein? Sie lieben Oper tatsächlich? Nicht nur „Nessun Dorma“ oder „Babbino Caro“? Dann sind Sie aber vielleicht Mitglied im ABW-Club.

 

Die Geschichte der Welt in vier Tagen

Das „W“ steht für Richard Wagner, und speziell für den Ring des Nibelungen, mit seinen Walküren, Speeren und Drachen. Das Ganze ist aber mehr als eine paläogermanische Klamotte, es ist die Geschichte der Welt in vier Teilen.

Ich fasse das kurz für Sie zusammen: Alles beginnt mit einem unendlich langen Ton, das ist die Zeit. Dann kommt ein zweiter Ton hinzu, das ist der Raum. In diesen Dimensionen nun entsteht die Schöpfung, und damit wird auch die Musik deutlich lebhafter.

In diesem Fenster aus Zeit und Raum, vom Rheingold bis zur Götterdämmerung, tobt nun der Kampf um den Ring des Nibelungen. Es ist ein Kampf zwischen Gut und Böse, zwischen maßloser Gier und wahrer Liebe. Wer wird am Ende obsiegen? Die väterliche Zuneigung Wotans zu Tochter und Enkel oder der feige  Verrat? Wird die Liebe zwischen Mann und Weib, zwischen Siegfried und der Walküre obsiegen, die vom Schicksal für einander bestimmt sind? Oder werden sich letztlich Neid, Feigheit und Intrige durchsetzen?

Was wir erfahren ist nur, dass die Welt schließlich von allem gereinigt wird, einschließlich der Gottheiten. Sie alle gehen zu Grunde: die Guten, die Bösen und das, was sie geschaffen haben. Walhalla steht in Flammen, nur besagter Ring gelangt unversehrt zurück in die Hände seiner legitimen Besitzerinnen, der anmutigen Rheintöchter, die den Weltenbrand unter Wasser überlebt haben. Und so hört sich das an.

 

Ein echter Held

Falls Sie für die diesjährigen Wagner-Festspiele von Bayreuth keine Karten mehr bekommen haben, oder weil Sie vielleicht vermeiden wollten, dort der leibhaftigen Kanzlerin zu begegnen, so habe ich ein Ersatzprogramm für Sie.  Es handelt sich um einen Roman voller Dramatik, Verschwörung, Liebe und Erleuchtung. So wie Wagners Held Siegfried in einer armseligen Hütte im Walde das Licht der Welt erblickte, so stammt auch der Held des Romans aus sehr bescheidenen Verhältnissen. In seinem unerbittlichen Streben nach Wohlstand muss er nun Drachen töten und hinterlistige Feinde unschädlich machen. Er läuft dabei Gefahr, selbst zum Knecht des Goldes zu werden, wäre da nicht eine Rheintochter, die ihn durch ihre Liebe auf den Pfad der wahren Erfüllung führt.

Und anders als die Figuren in Wagners Drama, bei denen es fraglich ist, ob sie tatsächlich gelebt haben, gibt es bei unserem Helden keinen Zweifel an seiner Existenz.

Ich habe für Sie hier eine kleine Leseprobe aus dem Werk eingefügt, welche sich freuen würde, Ihre Aufmerksamkeit zu finden.


Der Raucher

Ich hatte den Eindruck, dass die Menschen bei Piroska noch nie so etwas gehört hatten. Man folgte meinen Ausführungen total emotionslos, so wie ich das aus jenem surrealistischen Rundgang durch die Firma bereits kannte.

Es gab weder Fragen noch Proteste. Eine Atmosphäre von Ungläubigkeit und Entsetzen hatte sich ausgebreitet. Das bestärkte mich darin, dass meinen deutlichen Worten noch deutlichere Taten folgen mussten. Der Belegschaft war eine starke und bittere Medizin in hoher Dosis verabreicht worden und es war wichtig, dass sie die auch schlucken würde.

Gegen 23:00 Uhr in dieser Nacht mache ich einen Rundgang, zunächst ums Gebäude. Ich will sehen, welche Wirkung meine Rede auf die Nachtschicht gehabt hätte. Da glimmt in der Ferne ein orangerotes Licht auf, mal stärker, mal schwächer. Was könnte das wohl sein? Ist es ein fernes Leuchtfeuer, das Schiffe in Küstennähe vor Untiefen und Felsen warnt? Vielleicht ein verirrtes Glühwürmchen? All das ist wenig plausibel. Ich gehe der Sache auf den Grund. Ich schleiche mich in der totalen Finsternis an die magische Glut und erkenne das Unglaubliche: Das Glimmen gehört zu einer Zigarette und die Zigarette gehört zu einem Mitarbeiter der Instandhaltung.

Ich frage ihn, ob er weiß, dass Rauchen auf dem Firmengelände ein Kündigungsgrund ist. Ich tat das auf Ungarisch, was ihn sichtlich erschreckte. „Mach ich bestimmt nicht wieder; so eine Zigarette ist doch nichts Schlimmes.“ Ich erkläre ihm, es käme darauf an, wann und wo man seine Zigarette raucht und dass er entlassen sei. Ich nehme ihm die Schlüssel zum Maschinenraum ab, begleite ihn in die Umkleide, damit er seine Klamotten holt, dann geht’s zur Pforte mit der Botschaft, dass der Mann ab sofort Hausverbot habe. Auf der Straße zündet er sich eine Zigarette an und verschwindet schließlich im nächtlichen Dunkel.

Ich fühle mich wie Garry Cooper in High Noon. Meine Haltung ist aufrecht, mein Schritt ist ruhig, meinem Auge entgeht nichts. Und so setze ich die Patrouille fort.

Schon erwische ich einen anderen, der in einer dunklen Ecke der Halle qualmt. Auch für ihn ist es der letzte Tag in der Firma. Ein Mitarbeiter der Reinigungsfirma wird beim Klauen ertappt: Hausverbot, sofort. Zwei Frauen prügeln sich am Arbeitsplatz, Männer spielen Karten in der Umkleide, drei weigern sich zu arbeiten: Ich bin unerbittlich. Von Freitag bis Sonntagabend gibt es insgesamt 15 Entlassungen.

An dieser Stelle halte ich eine kurze moralische Betrachtung für angebracht. Ich will verhindern, dass Sie mich für einen herzlosen Sadisten oder Zyniker halten und dass ich jetzt Gefahr laufe, Sie als Leser zu verlieren. Sie sollen mich ja noch durch die verbleibenden Seiten des Buches begleiten. Lassen Sie mich zu meiner Verteidigung den Philosophen Max Weber zu Wort kommen.


Und nun wartet das ganze Buch darauf, von Ihnen gelesen zu werden, es ist das

TAGEBUCH EINES MAGIERS
Ein biographischer Roman
von Hans Hofmann-Reinecke

Ein Klick – und Amazon macht den Rest


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3 years ago

Lassen Sie mich raten! Der Mensch hat genau die Mitarbeiter entlassen, die den Laden am Laufen hielten. Mangels qualifiziertem Ersatz hat er nach erfolgreicher Abwicklung die ganze Bude geschlossen. Alle ein bis zwei Wochen bin ich in Bayreuth nahe dem Festspielhaus. Die 175 Kilometer sind es wert. Da ich “Die… Read more »